Präsident Benno Harbauer vor dem Aufstiegshalbfinale in Gera
von Markus Fromm
Vor dem großen Duell in Gera kommt unser Vereinsvorsitzender Benno Harbauer zu Wort. Das Interview führte der Sportredakteur der Thüringer Allgemeinen, Christian Roeben.
Am kommenden Freitag steht das Halbfinal-Play-Off-Spiel um den Aufstieg in die Oberliga bei Wismut Gera an. Was sagt ihr Bauchgefühl?
Wenn es nach meinem Bauch geht bin ich äußerst positiv gestimmt, der Kopf ist aber realistisch und weiß, dass wir Außenseiter sind. Trotzdem fahren wir dorthin, um für das "Finale dahoam" zu kämpfen und alles rauszuhauen, was derzeit in den Jungs drinnen steckt. Es wäre ein schöner Abschluss eines insgesamt tristen Fußballjahres, aber auch eine Niederlage wäre kein Scheitern, denn wir spielen gern in der Thüringenliga und wissen wo wir herkommen.
Bei einem Sieg wartet am Sonntag der Gewinner aus dem Duell Arnstadt gegen Schleiz. Steht bereits fest, ob dann in Bad Langensalza Zuschauer zugelassen sein werden?
Sollten wir das "Wunder von Gera" schaffen, dürfen nach derzeitigem Stand 200 Zuschauer dabei sein, so hat es uns das Gesundheitsamt genehmigt. Allerdings unter strengen Hygieneauflagen, dass heißt entweder Genesungsnachweis, vollständiger Impfnachweis oder aktueller Testnachweis. An diesem Sonntag ist von 10 bis 16 Uhr im KKZ ein Test möglich, so dass man quasi 100 Meter vom Stadion dies erledigen kann.
Was würde ein Aufstieg in die Oberliga für den Verein bedeuten?
Ein Quantensprung in sportlicher, finanzieller und organisatorischer Hinsicht, es würde eine Menge Arbeit bis zum ersten Spiel auf uns zukommen, wir bleiben aber demütig und vernünftig und werden nur das tun, was für den gesamten Verein kein Risiko darstellt, denn es gibt nicht nur die I. Mannschaft. Andere haben da jahrelang drauf hingearbeitet, wir müssten es über Nacht angehen und wollen dabei alle Vereinsmitglieder, Fans, Sponsoren und natürlich die Spieler und Trainer mitnehmen.
Erfüllt der Klub bereits alle Oberliga-Voraussetzungen?
Die formellen Voraussetzungen wurden uns vom NOFV bescheinigt. Unser Sicherheitskonzept wurde mit der Stadt abgestimmt, wir erfüllen mit 10 Nachwuchsmannschaften in allen Altersklassen und der Stadioninfrastruktur die nicht wenigen Vorgaben. Wir sind ein familiärer Verein und stoßen genau deshalb wohl auch an Grenzen, denn Spiele gegen RW Erfurt, Nordhausen oder Plauen kannst Du nicht nur mit Ehrenamtlichen abdecken, das geht bei der Security los und hört beim Catering auf. Aber natürlich ist die Liga auch attraktiv, sonst würden wir es nicht machen.
Müssen die Personalplanungen im Falle eines Aufstiegs angepasst werden, um die Quantität und Qualität im Kader für die Oberliga zu steigern?
Wir ticken da anders und würden Abgänge versuchen adäquat mit jungen Spielern aus der Region zu ersetzen, teure Alt-Profis würde das Mannschaftsgefüge auseinander reißen. Warum sollen wir Eigengewächsen wie Philipp Franke, Darius Linz, Gustav Wurschi neben den "Alt-Preußen" um Domeinski, Jäger, John oder Fiß nicht die Oberliga zutrauen. Und mit Weis, Wiegel, Natradze und Fiß haben wir Oberliga-erfahrene Jungs. Wir halten trotzdem die Augen offen und haben anhand der Kooperation mit dem JFL Schlotheim einen Partner, der ein gutes Netzwerk an jungen, gut ausgebildeten Spielern hat. Da führen wir regelmäßig Gespräche.
Mit Tobias Sauerbier und Simon Scheer verlassen zwei Talente die Preußen und schließen sich Oberligist FC An der Fahner Höhe an. Gibt es weitere Ab- oder Zugänge, die bereits feststehen?
Alles was den Kader der neuen Saison betrifft, werden wir nach den Playoffspielen veröffentlichen. Wir haben Jungs im Kader, die bei Oberligisten interessant sind, das zeigt die gute Arbeit des Trainers und deshalb macht es ja Sinn, sich selbst damit zu beschäftigen. Ich finde es allerdings respektlos, wenn andere Vereine mit Namen kolportieren, die, wie bei uns, noch vor wichtigen Aufgaben stehen. Das wird es bei uns nicht geben, deswegen haben wir da auch keine Eile mit potentiellen Neuzugängen zu hantieren. Wir können da das Wasser etwas besser halten als in Dachwig.
Der Vertrag von Trainer Thomas Wirth, der am vergangenen Donnerstag seinen 50. Geburtstag gefeiert hat, ist im Frühjahr verlängert worden. Warum passt er so gut nach Bad Langensalza?
Weil er einen sportlichen Plan hat, fußballverrückt und grundehrlich ist. Er kann sich absolut mit dem Verein identifizieren und nimmt gern auch mehrmals die Woche die Fahrt von Jena in die Kurstadt auf sich. Übrigens tickten seine Vorgänger Gabor Uslar und Lars Harnisch ähnlich und haben eine gute Basis geschaffen, er bringt nochmal eine andere Trainernote und Ansprache rein. Vielleicht funktioniert auch ein Carl-Zeiss-Anhänger wie er anders in Westthüringen, in jedem Fall ist er ein Riesengewinn als Trainer und als Mensch.
Corona beeinflusst den Sport seit mehr als einem Jahr. Wie ist ihr Verein bisher durch die Krise gekommen?
Es ist schwer für die Verantwortlichen, ob Vorstand oder Trainer, in Zeiten des Lockdowns den Kontakt zu unseren 170 Kindern und Jugendlichen zu halten. Es wird unsere Hauptaufgabe sein, die 4 bis 18-jährigen weiterhin für den Fußball zu begeistern. Ich bin froh mit derzeit 23 Trainern und einem Torsten Otto als Nachwuchsleiter ein Riesen-Team mit Preußen-Herz in vorderster Front zu haben, sonst wäre das so nicht möglich. Und mit den beiden Männermannschaften, den Alten Herren und ab Juli auch mit einer Frauenmannschaft wird der Verein weiter gesund wachsen. Und nahezu alle Sponsoren haben auch weiterhin ihre Unterstützung zugesagt, da hat jeder Preuße mit seiner Außendarstellung seinen Anteil.
Welche Ziele verfolgen Sie mit dem FSV Preußen mittelfristig?
Was uns seit mehr als einem Jahr fehlt ist doch das Vereinsleben, die Eltern sehen ihren Kindern beim Kicken zu, die Gespräche bei Bier und Bratwurst und einem guten Fußballspiel sind das Salz in der Suppe, gerne auch mal meckern, nölen und zusammen feiern. Diese Normalität wollen wir wieder erleben und das gilt es jetzt wieder zu organisieren, ob die Erste dann Oberliga oder Thüringenliga spielt, das ist dann gar nicht so wichtig.