Preußen wendet sich mit anderen Verbandsligisten an die Thüringer Politik
von Benno Harbauer
Die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen stehen in dieser Pandemie immer wieder in der Kritik. Nun wenden sich auch die Thüringenligisten mit einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und fordern die Öffnung der Sportplätze!
Der Offene Brief im Wortlaut:
Thüringer Ministerpräsidenten, Herrn Bodo Ramelow
Thüringer Minister für Bildung, Kultur und Sport, Herr Helmut Holter
SO KANN ES NICHT WEITERGEHEN!
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Ramelow,
sehr geehrter Herr Minister Holter,
mit diesem offenen Brief wenden sich die Vorstände der Thüringer Fußball-Verbandsligisten an Sie, um Ihnen und der Thüringer Landesregierung deutlich vor Augen zu führen, dass wir für die Verordnungen bezüglich der Einschränkungen des Kinder-und Jugendsports unter freiem Himmel kein Verständnis mehr aufbringen, da wir sie als unverhältnismäßig einschätzen.
Vornweg möchten wir unterstreichen, dass wir die Gesamtsituation der Pandemie sehr ernst nehmen und den überwiegenden Teil der ergriffenen Maßnahmen und Einschränkungen vollends mittragen. Wir befinden uns seit über einem Jahr in einer sehr ernsten Lage, die uns allen viel abverlangt, um die vorherrschende Problematik hoffentlich bald überwinden zu können. Allerdings verlangen eben jene Maßnahmen, vordergründig von der Politik, dass sie jederzeit anhand der vorherrschenden Faktenlagen neu eingeschätzt und der Nutzen ernstlich abgewogen wird.
Wir als ehrenamtliche Vertreter des Fußballsports sind wahrlich keine Mediziner oder Forscher, jedoch sind wir in der Lage, Publikationen verschiedener Fachleute wahrzunehmen. Erst jüngst veröffentlichten Aerosolforscher der GAeF ein Positionspapier, welches unmissverständlich darlegt, dass die Gefahr der Pandemietreibung explizit nicht von Aktivitäten unter freiem Himmel ausgeht. Darunter fällt folglich auch der Jugendsport im Fußball. Eine Gefahr, welcher durch Rechtsverordnung in Thüringen entgegengewirkt werden soll, de facto jedoch nur marginal existent ist. Zudem sei an dieser Stelle abermals die Verhältnismäßig der Maßnahmen in die Waagschale geworfen, welche man vielen Bürgern kaum noch nahebringen kann. Auf unser Anliegen bezogen sei argumentiert, dass es aus Sicht der Landesregierung völlig legitim ist, dass sich Kinder zuhauf in Schulbusse drängeln und stundenlang in Klassenräumen sitzen, aber nicht, dass 10-20 Kinder für gut 1,5 Stunden am Tag über vergleichsweise überdimensional große Sportanlagen ihrem Hobby nachgehen können.
Berechtigt werden Sie ggf. anführen, dass Bildung ein unabdingbares Gut für die Jugend ist und allerhöchste Priorität genießen muss. Hier stimmen wir grundsätzlich zu, müssen nichtsdestotrotz erwidern, dass der persönlichen Gesundheit und der Förderung dieser mindestens die selbige Gewichtung zukommen muss, insbesondere während dieser pandemischen Lage. Der aktuelle Maßnahmenkatalog behindert unsere Kinder und Jugendlich jedoch ihre Gesundheit zu stärken, sie verlieren sich in ihren eigenen vier Wänden und können ihr Immunsystem beim Freiluftsport nicht wie gewohnt stärken, von der psychischen Belastung der Heranwachsenden ganz zu schweigen.
Ein weiterer negativer Höhepunkt war ein kürzlich erschienener Bericht des Magazins „Frontal21“, aus welchem hervorging, dass wir in Thüringen mit der Maßgabe, der gesamten Jugend den Zugang zu Freiluftsportangeboten vollends zu versagen, bundesweit abermals einen nicht nachvollziehbaren Sonderweg gehen. Liest man ergänzend dazu die Pläne zur bevorstehenden Eröffnung der Bundesgartenschau in Erfurt, bei welcher es unproblematisch ist, dass sich eine ungemeine Vielzahl von Gästen unter freiem Himmel in Massen über die wirtschaftsfördernden Grünanlagen bewegen dürfen, ist spätestens an diesem Punkt jegliches Verständnis in Gänze ad absurdum geführt.
Bestehende Risiken bei der Nutzung der Freiluftsportanlagen sind unseren Vereinen bekannt. Bereits im vergangenen Jahr sahen wir uns damit konfrontiert, durch fundierte Hygienekonzepte (z.B. Umkleiden und Duschen zuhause oder auch Übungen mit geringstmöglichem Kontakt zu Mitsportlern) adäquate Wege zu schaffen, den Kindern und Jugendlichen den Sport unter freiem Himmel wieder zugänglich zu machen. In diese Konzepte investierten Vereine viel Zeit, um der damit einhergehenden Verantwortung unabdingbar gerecht zu werden. Sie werden zustimmen, dass wir dies in Abstimmung mit den regionalen Gesundheitsämtern in hoher Qualität umgesetzt, ohne in irgendeiner Form dazu beigetragen zu haben, der Pandemie neuen Zündstoff geliefert zu haben.
Wir möchten hier weiterhin betonen, dass die Motivation zu diesem Schreiben nicht aus den mannigfaltigen Problemen (z.B. finanzielle Engpässe oder das Aussterben des gesellschaftlich wichtigen Vereinslebens) erwächst, vor welche Vereine durch die Pandemie gestellt werden. Oder gar der Gefahr, dass der Thüringer Breitensport durch die Inaktivitäten im Bundesvergleich noch weiter an Bedeutung verliert. Wir als Vorstände vertreten hiermit die Interessen der mehr als 2.000 Kinder und Jugendlichen (und ihrer Familien), welche in unseren Nachwuchsabteilungen NOCH aktiv sind.
Wie viele es noch sein werden, wenn wir wieder von Normalität sprechen können, ist ohnehin fraglich. Bereits jetzt müssen wir Abmeldungen von Sportlern im Jugendbereich beklagen. Das wird zur Folge haben, dass sich weitere Juniorenteams auflösen werden. Die Dunkelziffer wird erst bekannt werden, wenn ein normaler Trainings-und Spielbetrieb möglich ist.
Beim Impfstoff AstraZeneca vertreten alle Gremien den Standpunkt, dass der Nutzen, trotz seiner Gefahren, signifikant höher ist und er deshalb nach wie vor zum Einsatz kommt. Selbige Gedankenspiele bezogenen auf den Kinder-und Jugendsport erbitten wir hiermit nicht mehr, nein, wir fordern Sie auf, öffnen Sie Sportplätze und Stadien für Trainingsbetrieb mit Hygienekonzepten!
Nehmen Sie sich der Expertenmeinungen an, die den Freiluftsport auch in Gruppen nicht als Pandemietreiber ansieht. Wir unterstützen ausdrücklich die Initiative des Thüringer Fußballverbandes (TFV) zur Öffnung der Sportanlagen, die bereits an Sie herangetragen wurde. Für unsere Kinder und Jugendlichen! Gern stehen wir für sachliche und zielorientierte Gespräche bereit, die ohne politisches Lamentieren durchgeführt werden.
In der Hoffnung auf eine politische Kehrtwende im Sinne unserer Heranwachsenden verbleiben wir
mit sportlichen Grüßen
Die Vorstände der Thüringer Fußball-Verbandsligisten
BSV Eintracht Sondershausen
FSV 1996 Preußen Bad Langensalza
FC Thüringen Weida
SC 1903 Weimar e.V.
SV Eintracht Eisenberg e.V.
SV 09 Arnstadt e.V.
BSG Wismut Gera e.V.
SV SCHOTT Jena e.V.
TSV Gera-Westvororte
FC Erfurt Nord
SV Blau-Weiß 91 Bad Frankenhausen e.V.
SV 1879 Ehrenhain e.V.
1. SC 1911 Heiligenstadt News
SpVgg Geratal e.V.
1. FC Sonneberg 2004 e.V.
FSV 06 Ohratal
FSV Schleiz